Welchen Gerichtsstand vereinbare ich bei Verträgen mit chinesischen Unternehmen?

Bei der Formulierung von Verträgen im Bereich des internationalen Handels steht man vor verschiedenen Entscheidungen. Eine der wichtigsten ist die Wahl des Gerichtsstandes. Dies gilt insbesondere bei Geschäften mit ausländischen Partnern, deren Rechtssysteme sich deutlich von dem eigenen unterscheiden – beispielsweise China. Ein Vertrag mit einem chinesischen Unternehmen kann enorme geschäftliche Chancen eröffnen, bringt jedoch auch eine Reihe von rechtlichen Herausforderungen mit sich. Eine Schlüsselfrage, die bei solchen grenzüberschreitenden Vereinbarungen oft aufkommt, ist: „Welchen Gerichtsstand sollte ich in meinem Vertrag festlegen?“
Diese Entscheidung ist weit mehr als nur ein bürokratischer Akt. Sie hat Auswirkungen auf die Durchsetzbarkeit Ihres Vertrages und beeinflusst letztlich den Erfolg Ihrer internationalen Geschäftsbeziehungen. In diesem Artikel erkunden wir die rechtlichen Grundlagen und Möglichkeiten, die Sie bei der Wahl des Gerichtsstandes für Verträge mit chinesischen Unternehmen in Betracht ziehen sollten.
Kein deutsch-chinesisches-Vollstreckungsübereinkommen
Im internationalen Recht gilt der Grundsatz, dass Staaten nicht automatisch zur Anerkennung ausländischer Gerichtsurteile verpflichtet sind. Es liegt in der Souveränität eines jeden Staates, eigenständig zu entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen, er ausländische Urteile anerkennt und in seinem Territorium vollstreckt. Solche Entscheidungen werden in der Regel durch bilaterale Staatsverträge geregelt. Ein solches Vollstreckungsübereinkommen gibt es zwischen Deutschland und China bislang leider nicht.
Auf eine konkrete vertragliche Regelung zur Vollstreckung der Urteile des jeweils anderen Staates können sich Streitparteien also nicht berufen. Sowohl in China, als auch in Deutschland, könnten die Urteile ausländischer Gerichte aber dennoch vollstreckt werden, wenn eine sogenannte Verbürgung der Gegenseitigkeit gewährleistet wäre.
Lösung über die „Verbürgung der Gegenseitigkeit?“
Nach § 328 I Nr. 5 ZPO ist es deutschen Gerichten möglich, eine ausländische Entscheidung anzuerkennen, wenn die Gegenseitigkeit verbürgt ist. Hinter dieser etwas schwerfälligen Formulierung versteckt sich folgende Faustregel: Die „Verbürgung der Gegenseitigkeit“ ist dann gegeben, wenn es in dem Land, in dem das Urteil gefällt wurde, nicht viel schwieriger ist, ein deutsches Urteil anzuerkennen und durchzusetzen, als es in Deutschland wäre, ein ähnliches Urteil aus diesem Land anzuerkennen und durchzusetzen.
Um beurteilen zu können, ob zwischen Deutschland und China die Gegenseitigkeit verbürgt ist, bedarf es eines Blickes in die Rechtsprechung der beiden Länder. Konkret, in die Rechtsprechung zur Anerkennung von Urteilen des jeweils anderen Staates. Die Ergebnisse fallen hier allerdings mau aus. In Deutschland finden sich lediglich zwei Urteile (KG Berlin 2006 und LG Saarbrücken 2021), die sich in ihrem Ergebnis zudem widersprechen. Auch auf chinesischer Seite gibt es lediglich einen Fall, in dem das Volksgericht in Wuhan ein deutsches Urteil anerkannt hat. Für die Verbürgung der Gegenseitigkeit bieten diese sporadischen Entscheidungen also noch keine Grundlage für die gegenseitige Anerkennung.

Go-To: Schiedsgerichtsklauseln
Da ausreichende Sicherheit im internationalen Wirtschafts- und Rechtsverkehr sonst nicht gegeben wäre, findet sich natürlich dennoch eine Möglichkeit, die Zusammenarbeit rechtlich zu fundieren: Die Ergänzung des Vertrages um eine Schiedsgerichtsklausel.
Die Schiedsgerichtsbarkeit ist eine juristische Institution, die Rechtsstreitigkeiten außerhalb von staatlichen Gerichten löst. Es handelt sich dabei um private Gerichte, die nur dann zusammentreten, wenn die Parteien eines Streits sich darauf geeinigt haben. Diese Einigung nennt man Schiedsvereinbarung und sie wird normalerweise in einem Vertrag zwischen den streitenden Parteien festgehalten. Die Entscheidungen, die Schiedsgerichte treffen, nennt man Schiedssprüche. Diese sind normalerweise für die Parteien verbindlich und können auch von nationalen als durchsetzbar anerkannt werden. Rechtliche Sicherheit bietet hier zudem das „New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche“. Dieses Übereinkommen haben sowohl Deutschland als auch China unterzeichnet und sind so verpflichtet, die Urteile der Schiedsinstitutionen dementsprechend auch anzuerkennen.
Schiedsgerichte gibt es weltweit einige. Die ICC International Chamber of Commerce ist eines der bekanntesten europäischen. In Deutschland findet sich vor allem die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS). In China sind CIETAC, SHIAC oder BJAC zu nennen. Die meisten dieser Institutionen bieten auf ihrer Website zudem vorformulierte Musterklauseln, die von Unternehmen als Vorlagen für ihren jeweiligen Vertrag genutzt werden können.

Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei Verträgen mit chinesischen Unternehmen die Wahl des Gerichtsstandes eine entscheidende Rolle spielt. Angesichts der Tatsache, dass zwischen Deutschland und China kein Vollstreckungsübereinkommen besteht, und die „Verbürgung der Gegenseitigkeit“ nicht gegeben ist, erscheint der Weg über Schiedsgerichte als die praktikabelste Lösung für die Beilegung von Streitigkeiten. Durch die Integration einer wohlüberlegten Schiedsgerichtsklausel in ihre Verträge können deutsche Unternehmen einen klaren und effizienten Mechanismus für die Lösung von Rechtsstreitigkeiten etablieren. Dies bietet nicht nur den Vorteil einer neutralen und spezialisierten Entscheidungsfindung, sondern erhöht auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Urteile sowohl in Deutschland als auch in China anerkannt und vollstreckt werden können.
Letztendlich erfordert der erfolgreiche Handel zwischen deutschen und chinesischen Unternehmen also nicht nur wirtschaftliches Geschick, sondern auch ein tiefes Verständnis für die rechtlichen Rahmenbedingungen, die deren Handelsbeziehungen regeln. Auf eine Beratung durch erfahrene Rechtsanwälte sollte hier nicht verzichtet werden, da vor allem in China regelmäßig Probleme mit der Anerkennung dieser Schiedssprüche auftreten. LLP Law|Patent steht Ihnen hier gerne zur Seite und navigiert Sie durch die rechtlichen Fallstricke des internationalen Vertragsrechts.
Arno Lohmanns | Rechtsanwalt
Herr Rechtsanwalt Arno Lohmanns ist Ihr Ansprechpartner für alle Fragen der internationalen Vertragsgestaltung, des IT- und des Technologierechts. Mit über 25 Jahren Berufserfahrung in international tätigen Kanzleien und Industrieunternehmen findet er für Sie zielsicher maßgeschneiderte vertragliche Lösungen in deutscher und englischer Sprache, nicht nur auf Basis deutschen Rechts, sondern auch auf Basis zahlreicher anderer nationaler Rechtsordnungen. Arno Lohmanns versteht Ihr Geschäftsmodell und die kaufmännischen Zusammenhänge, begleitet Sie bei Ihren geschäftlichen Unternehmungen in anderen Rechtsordnungen und steht Ihnen als kompetenter Verhandlungspartner zur Seite, insbesondere in allen grenzüberschreitenden Situationen.