Verfällt der Urlaub bei dauerhafter Arbeitsunfähigkeit?

von

Verfall des Urlaubs bei dauerhafter Arbeitsunfähigkeit

Aktuelle Gesetzeslage zum Urlaubsverfall  

Jeder Arbeitnehmer hat hierzulande einen jährlichen Anspruch auf Urlaub. Wird dieser nicht wahrgenommen, verfällt er gemäß § 7 Absatz 3 Bundesurlaubsgesetz. Sollte der Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sein, seiner Arbeit nachzugehen, verlängert sich die Frist entsprechend um 15 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres. Zumindest etablierte sich diese Ansicht seit dem EuGH Urteil aus dem Jahr 2011 (EuGH Urt.v. 22.01.2012 - C-214/10) auch in der deutschen Rechtsprechungspraxis. Doch was ist mit den Arbeitnehmern, die durchgehend sowohl arbeitsunfähig als auch in Unkenntnis über eine etwaige Frist waren?

Das Bundesarbeitsgericht 

Im Juli 2020 legte das Bundesarbeitsgericht (BAG) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zwei Fälle zur Vorabentscheidung vor. Auf diese Weise soll geklärt werden, ob und wann der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub eines Arbeitnehmers verfallen kann. Wie das zuständige Gericht mitteilte, litten beide Kläger im Laufe des gesamten Urlaubsjahres unter einer vollen Erwerbsminderung bzw. unter einer dauerhaften Arbeitsunfähigkeit (Urt. v. 07.07.2020, Az. 9 AZR 245/19 und 9 AZR 401/19). Beide Kläger gaben an, sie seien vom Arbeitgeber nicht darauf hingewiesen worden, dass der nicht in Anspruch genommene Urlaub irgendwann verfallen könne.

EuGH 

Laut eines bereits bestehenden Urteils des EuGH kann ein Urlaubsanspruch nur dann verfallen, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage war, einen ihm zustehenden bezahlten Urlaub innerhalb eines Jahres zu beanspruchen. Um dies zu bejahen, müsse das Unternehmen den Arbeitnehmer gegebenenfalls anweisen, Urlaub zu nehmen. Ferner bestehe die Pflicht, diesen darüber zu informieren, dass der nicht in Anspruch genommene Urlaub zum Ende des Urlaubsjahres oder der Beschäftigung verfallen würde (Az.: C-619/16 und C-684/16).

Aus diesem Grund legte das Bundesarbeitsgericht dem EuGH erneut die Frage vor, ob ein unverschuldet nicht wahrgenommener Urlaubsanspruch nach 15 Monaten auch dann verfällt, wenn der Arbeitgeber seine Mitwirkungsobliegenheit nicht erfüllt hat.

Fazit 

Es bleibt abzuwarten, wie sich der EuGH entscheiden wird. Ein schriftlicher, mit Kenntnisbestätigung versehener Hinweis darüber, wann die Anspruchsfrist für den Urlaub verfällt, empfiehlt sich, um zukünftige rechtliche Auseinandersetzungen mit dem Arbeitnehmer zu vermeiden. Eine Besonderheit der Vorlagefrage ist, dass für die Kläger zumindest teilweise die Möglichkeit bestanden habe, ihren Urlaub vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zu nehmen. Somit dürfte das Urteil voraussichtlich spannend ausfallen. Wir halten Sie auf dem Laufenden!

 

Bild von Free-Photos auf Pixabay

Zurück