OLG Köln: Urheber aufgepasst - Creative Commons Lizenzen sind AGB

von

Um sog. Creative Commons Lizenzen ranken sich diverse Mythen. Eine davon ist, vergleichbar mit der Diskussion um „Open Source“ im Software- Bereich, dass unter diese Lizenz gestellte Werke (meinst Text und Fotos) grundsätzlich umfassend „frei“ benutzbar sind, also von jedem nach Belieben benutzt und kopiert werden können. Dem ist nicht so, wie aufkommende Streitereien um solche Lizenzen zeigen. Dass die Verwendung der Lizenztexte auch von den Urhebern gut überlegt werden sollte, zeigt eine aktuelle Entscheidung des OLG Köln (Urteil vom 31.10.2014  - 6 U 60/14).

Hintergrund: Was bedeuted "Creative Commons" überhaupt?

 Bei „Creative Commons“ („CC“) handelt es sich um eine gemeinnützige Organisation, welche Standard-Lizenztexte erstellt und bereithält. Die Organisation hat sechs verschiedene Lizenzkategorien erstellt, die sich aus verschiedenen Kombinationen der folgenden vier Nutzungsbeschränkungen ergeben:

1. Attribution, kurz „BY“: Hier darf das Werk nur unter Nennung des Verfassers benutzt werden, in der in den Lizenzbedingungen näher definierten Art und Weise.

2. No Derivatives, kurz „ND“: Hier darf das Werk zwar vervielfältigt, aber nicht bearbeitet werden.

3. Non-Commercial, kurz „NC“: Hier ist die kommerzielle Verwertung verboten.

4. Share Alike, kurz „SA“: Weitergabe nur unter gleichen Lizenzbedingungen

 Wenn also von einer „CC-BY-ND“ Lizenz die Rede ist, bedeutet dies dass das Werk sowohl unter der „BY“ als auch der „ND“- Beschränkung steht, also bei der eigenen Nutzung der Name des Autors zu nennen ist und Nutzern die Erstellung abgeleiteter Werke, also Bearbeitungen, verboten ist.

 Der Fall:

Das OLG Köln hatte über die Nutzung eines Werkes unter der Lizenzvariante „CC-BY-NC 2.0“ zu entscheiden. In Anwendung der oben dargestellten Grundsätze bedeutet dies also, dass die Nutzung nur unter Benennung des Urhebers und nur „nicht-kommerziell“ erfolgen darf.

Der Kläger, ein Fotograf, hatte unter dieser Lizenzvariante ein Foto auf seinem flickr- account vorgehalten. Hierbei wurde per Link auf die englischsprachige Version der Lizenz verwiesen. Ein öffentlich-rechtlicher Radiosender band dieses Bild auf seiner Internet- Seite unter Benennung des Klägers als Urheber ein, jedoch unter Entfernung dessen direkt auf dem Bild angebrachten „Copyright“-Vermerk und anderen Umgestaltungen (Bildbeschneidung). Der klagende Fotograf verlangte Unterlassung und Schadenersatz, da er in der Verwendung des Fotos durch den Radiosender eine kommerzielle und damit lizenzwidrige Nutzung sah.

Die Entscheidung:

Das OLG Köln gab dem Kläger nur teilweise Recht.

Zunächst stellte es fest, dass trotz Wahl der US-amerikanischen Variante der Lizenz deutsches Urheberrecht Anwendung findet, die Auslegung des Lizenzvertrages aber nicht allein nach deutschrechtlichen Maßstäben zu erfolgen habe. Allerdings ergäben sich unter Heranziehung möglicher Auslegungshilfen, u.a. Broschüren der CC-Organisation, kein eindeutiges Ergebnis bei der Frage, ob ein öffentlich-rechtlicher Radiosender „kommerziell“ im Sinne der Lizenzbedingung nutzte, oder nicht. Da die CC-Lizenzen sog. allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) darstellen, gehe dies in Anwendung der sog. Unklarheitenregelung des § 305 b BGB zu Lasten des Klägers. Anders gesagt hat das OLG, obwohl in Anwendung der sog. „Zweckübertragungslehre“ des § 31 Abs. 5 UrhG nicht ausdrücklich eingeräumte Rechte im Zweifel beim Urheber verbleiben, die Creative-Commons Lizenzbedingung zu Lasten des Fotografen dahingehend ausgelegt, dass ein öffentlich-rechtlicher Radiosender aufgrund dieser Eigenschaft als „nicht-kommerziell“ gilt.  

Jedoch rechtfertigte dies nicht die Entfernung des sog. Copyright-Vermerkes, sodass wegen dieser nicht erlaubten Bearbeitung die konkrete Veröffentlichung rechtswidrig war und jedenfalls dem Unterlassungsbegehren stattgegeben wurde.

Allerdings versagte das OLG - anders noch die Ausgangsinstanz - dem Kläger den Anspruch auf Schadenersatz wegen der Verwendung, den dieser nach der Lizenzanalogie unter Heranziehung der MFM-Tabelle berechnet hatte, versagt. Wer die nicht-kommerzielle Nutzung kostenfrei erlaube, könne seinen Schaden nicht im Wege der Lizenzanalogie berechnen, da es danach an einem für diese Berechnungsart erforderlichen „objektiven Wert“ fehle. Da dieser also „Null“ sei, kömme auch kein Aufschlag für die unterlassene Urheberbenennung in Betracht.

 Tipp/Anmerkungen:

 Verwender von CC- Lizenztexten sollten zum einen beachten, dass es sich hierbei um sog. allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) handelt, was im Zweifel zu Lasten des Verwenders geht. Die Anwendung der für den Urheber äußerst positiven Zweckübertragungslehre, die gleichfalls eine Unklarheitenregelung bedeutet, wird von der AGB-rechtlichen Unklarheitenregelung des § 305 b BGB bei Muster-Vertragstexten insbesondere aus dem US-amerikanischen Rechtsraum zum Nachteil des die Klausel verwendenden Urhebers ausgehebelt.

 Ferner sollten Verwender beachten, dass „dieselbe“ Klausel in der deutschen Übersetzung von der US amerikanischen Variante abweicht, sodass hier nicht nur eine Sprachwahl zu treffen ist, sondern auch eine Entscheidung über Inhalt und Reichweite der Regelung.

Dazu sollten Verwender der „NC“-Klausel beachten, dass im Verletzungsfall zwar ein Anspruch auf Unterlassung sowie Ersatz der angefallenen Anwaltskosten besteht, ein Schadenersatz wegen der Nichtanwendbarkeit der Berechnung nach Lizenzanalogie aber schwer durchsetzbar ist. Insbesondere letzteres macht die Rechteverfolgung unattraktiv. Es bleibt abzuwarten, ob der BGH die Ansicht des OLG in dieser Frage teilt.

Zurück