Keine Umsatzsteuerfalle bei wettbewerbsrechtlicher Abmahnung - Etappensieg erreicht

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Eine neuere Entscheidung des FG Münster sieht keine Verpflichtung, gegenüber einem abgemahnten Mitbewerber auch die auf die umgelegten Anwaltsgebühren anfallende Umsatzsteuer geltend zu machen und abzuführen (Urt. v.3.4.1014, Az. 5 K 2386/11). Entschieden ist das Thema damit aber leider noch nicht.

I. Der Fall:

Ein Unternehmen aus der IT Branche ließ Wettbewerber wegen fehlerhafter AGB abmahnen. Dazu bediente es sich eines Rechtsanwaltes. Dieser sprach eine Abmahnung aus und verlangte im Abmahnschreiben - rechtlich zutreffend - den Ersatz der Anwaltskosten. Denn die für die Abmahnung anfallenden Anwaltskosten stellen eine durch das wettbewerbswidrige Verhalten ausgelösten Aufwand und damit einen Schaden des abmahnenden Unternehmers dar.

Der Anwalt berechnete seinem Mandanten die gesetzlichen Anwaltsgebühren zuzüglich Umsatzsteuer. An den Abgemahnten durchgereicht wurden - wie es auch übliche Praxis ist - aber nur die Nettogebühren, da der Unternehmer die Umsatzsteuer als Vorsteuer wieder geltend machen wollte und er deshalb in Höhe der Umsatzsteuer keinen Schaden hatte. Im Ergebnis verrechnete der Anwalt die dann vom Gegner auch bezahlten Nettogebühren direkt, sodass sein Mandant nur noch die Differenz, also die Umsatzsteuer von rund Euro 50.000,--, bezahlte, und diese wiederum im Wege des Vorsteuerabzuges geltend machte.

Das zuständige Finanzamt akzeptierte dies letztlich nicht und verlangte Im Zuge einer Umsatzsteuer-Nachprüfung die Zahlung von rund Euro 50.000,-- von dem abmahnenden Unternehmer.

Zur Begründung führte es aus, dass die Anwaltskosten nicht nur eine Schadenersatzposition darstellen würden, sondern verdeckt noch eine zu versteuernde „Leistung“ des abmahnenden Unternehmers in Form eines gegenüber dem abgemahnten Unternehmer erfolgten Beratung vorliegen würde, was eine den Anwaltskosten entsprechende Vergütungspflicht auslöste. Diese sei umsatzsteuerpflichtig.

Der Unternehmer hätte nach Meinung des Finanzamts

  • zwar die an seinen Anwalt gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen können, aber
  • vom Gegner zugleich für seine Leistung (also die Abmahnung) Umsatzsteuer verlangen und abführen müssen (die dann wiederum dieser als Vorsteuer geltend machen könnte).

Da er letzteres unterlassen habe, schulde er diese Steuer nun.

II. Die Entscheidung:

Das FG Münster sah, anders als das Finanzamt, kein Leistungsverhältnis, sondern die Geltendmachung eines grundsätzlich umsatzsteuerfreien Schadenersatzes.

Die Entscheidung ist allerdings nicht rechtskräftig und dürfte erneut vom BFH entschieden werden. Denn es existiert eine bereits etwas ältere Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH, Urt. v. 16.01.2003, Az. V R 92/01), nach der ein solcher Vorgang tatsächlich als umsatzsteuerpflichtiges Leistungsverhältnis gesehen werden kann. Allerdings erging die Entscheidung im Rahmen einer Abmahnung durch einen Interessenverband, sodass es an einer direkten Übertragbarkeit mangelt.

III. Tipp:

 Die Entscheidung des FG Münster ist nach unserer Meinung zutreffend und zu begrüßen, stellt aber aktuell lediglich einen Etappensieg dar.

Denn die Frage ist weiterhin rechtlich umstritten, insbesondere wegen der im Jahre 2003 durch den BGH gefällte Entscheidung. Bei der Geltendmachung der Abmahnkosten sollte bis zur Entscheidung des BGH die Risiken einer etwaigen Umsatzsteuerpflichtigkeit beachtet werden.

Sollten Sie vergleichbare Bescheide erhalten haben, sollten Sie unbedingt Einspruch einlegen. Bis zur abschließenden Klärung durch den BFH sollte bei wettbewerblichen Abmahnungen ansonsten geprüft werden, ob zur Vermeidung von Rechtsnachteilen der Aufwendungsersatzanspruch brutto geltend gemacht werden sollte oder zumindest entsprechende Vorbehalte einer anderweitigen Entscheidung durch den BFH gemacht werden sollen.

 Diese Informationen wurden zur Verfügung gestellt von Rechtsanwalt Hans Sebastian Helmschrott, LL.M. Eur., Geschäftsführer der rbi Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Herr Rechtsanwalt Helmschrott berät Rechtsabteilungen von Industriekonzernen aber auch mittelständische Unternehmen mit den Schwerpunkten IT Recht und Wettbewerbsrecht.

Bei Rückfragen oder Bedarf an einer individuelle Beratung wenden Sie sich bitte an rbi Rechtsanwälte 089 552755-00 oder Helmschrott(at)rbi-law.de.

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