Die Bedeutung der MFM-Bildhonorar-Tabellen für Rechteinhaber

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Nicht selten kommt es vor, dass Fotografen ihre Fotografien ohne entsprechende Einwilligung in den Medien, v.a. natürlich im Internet wiederfinden. Liegt tatsächlich eine unrechtmäßige Verwendung durch einen Verletzer vor, so schuldet dieser neben der Unterlassung und Beseitigung der Rechtsverletzung in aller Regel auch Schadensersatz für die bis dorthin rechtswidrige Nutzung der Fotografien, welche im Urhebergesetz als Lichtbilder oder, insoweit von höherer Kunstfertigkeit, als Lichtbildwerke bezeichnet werden.

Problematisch ist jedoch, wie der Schadensersatz zu berechnen ist. Grundsätzlich sind hier drei Ansätze denkbar: der Ersatz der erlittenen Vermögenseinbuße, die Zahlung einer angemessenen Lizenz sowie die Herausgabe des Verletzergewinns.
Im Rahmen dieses Beitrags soll nur auf die Frage eingegangen werden, wie sich die Zahlung einer angemessenen Lizenz berechnen lässt und welche Bedeutung in diesem Zusammenhang die MFM-Bildhonorar-Tabellen haben, die vielen Fotografen ein Begriff sind.

Die MFM (Mittelstandsgemeinschaft Foto Marketing) ist ein Arbeitskreis des Bundesverbandes professioneller Bildanbieter e.V. (BVPA). Sie ermittelt jährlich die aktuellen Honorare für Fotonutzungen in Deutschland und dem deutschsprachigen Raum. Die Ergebnisse werden in einer jährlich erscheinenden und beim BVPA bestellbaren Broschüre herausgegeben.

Nicht selten werden insbesondere in Abmahnungen die MFM-Bildhonorar-Tabellen als Grundlage für eine angemessene Lizenzentschädigung herangezogen. Dem sind bislang auch zahlreiche Gerichte unreflektiert gefolgt, allerdings zeigt sich in der Rechtsprechung eine immer größere Differenzierung.

Grundsätzlich gilt: bei der Berechnung des Schadensersatzes als angemessen die Lizenzgebühr, die verständige Vertragspartner verständigerweise vereinbart hätten (vgl. Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Auflage 2010, § 97 RN 155). Hat der Fotograf eigene Preislisten oder bereits zuvor mit dem Verletzer oder einem Dritten Preise für die Nutzung der betroffenen oder vergleichbarer Fotografien getroffen, so bleibt in aller Regel kein Raum für die Anwendung der MFM-Bildhonorar Tabellen. Als angemessen gilt dann der Preis, den der Fotograf üblicherweise mit Nutzern ausmacht. An diesem muss er sich dann auch bei der Berechnung von Lizenzgebühren nach erfolgter rechtswidriger Nutzung festhalten lassen. Einen „Strafzuschlag“ für den Verletzer gibt es nicht.

Häufig ist es jedoch so, dass der Fotograf die betroffenen Fotografien gar nicht vertreibt, sondern nutzt diese nur für eigene gewerbliche Zwecke, z.B. der Anpreisung seiner Waren bei Ebay oder auf dem Amazon Market Place, nutzt. In diesen oder ähnlichen Fällen liegt eine „Preisliste“ des Rechteinhabers nicht vor. Dennoch – selbst wenn die betroffenen Fotografien „unverkäuflich“ sind – hat er das Recht, einen angemessenen Ersatz für die rechtswidrige Nutzung zu erhalten.

In diesen Fällen können die MFM-Bildhonorar-Tabellen einen wichtigen Anhaltspunkt darstellen, welche Durchschnittsvergütungen für eine vergleichbare Verwendung von Fotografien auf dem Markt erzielt werden. Mitglieder der MFM sind jedoch zumeist professionelle Fotografen, Bildagenturen und sonstige Organisationen. Bei den ermittelten Bildhonoraren handelt es sich also weitestgehend um die „marktüblichen Honorare“ professioneller Fotografen, die einen größeren Aufwand in Sachen Technik, Präsentation und  Ausleuchtung betreiben (vgl. AG Düsseldorf, Urteil vom 13.07.2011, Az.: 57 C 1701/11; Anmerkung Bildhäuser in GRUR-Prax, 2012, 386). In der Rechtsprechung setzt sich in den letzten Jahren vermehrt durch, zu entscheiden, ob Fotografen professionell tätig sind oder nicht.

Das OLG Hamm hat beispielsweise entschieden, dass die MFM-Bildhonorar-Tabellen zwar als Grundlage für eine Schätzung genutzt werden können, jedoch in einem zweiten Schritt eine Prüfung vorzunehmen sei, ob das Bild als professionelles Werk anzusehen sei und auf dem Markt überhaupt diesen Preis erzielen könne (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 13.02.2014, Az.: 22 U 98/13; Anmerkung Bildhäuser in GRUR-Prax, 2014, 161).

Gibt es überhaupt kein Tarifsystem, so ist die Vergütung vom Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach § 287 ZPO nämlich frei zu schätzen. Dabei ist der Umfang der Verletzungshandlung (Zeitdauer, Art, Ort und Intensität) zu berücksichtigen, außerdem der Wert des verletzten Ausschlussrechts, die Nähe der Nachbildung, die Frage, ob ausschließliche Benutzung oder Mitbenutzung, die ganze oder teilweise Übernahme des Werks, keine Lizenz- oder Zinszahlung des Verletzers (vgl. Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Auflage 2010, § 97 RN 158).

Das OLG München entschied vor diesem Hintergrund zu einer Entscheidung der Vorinstanz: Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht als Bemessungsgrundlage für die Bestimmung der „üblichen Vergütung“ nicht auf die Honorarempfehlungen Foto-Marketing zurückgegriffen. Denn unabhängig davon, ob die streitgegenständlichen Fotos hinsichtlich ihrer Qualität an Fotografien professioneller Fotografen heranreichen, ist nicht dargetan, dass die Honorarempfehlungen bei derartigen Fotografien generell als Maß beim Abschluss von Lizenzverträgen zugrunde gelegt werden können. Die angemessene Lizenzgebühr ist daher unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach § 287 ZÜO durch das Gericht fei zu schätzen. Hierbei ist insbesondere der Umfang der Verletzungshandlungen, insbesondere Zeitdauer, Art, Intensität der Nutzung sowie der „Wert“ des verletzten Ausschießlichkeitsrecht zu berücksichtigen (OLG München, Urteil vom 05.12.2013, Az.: 6 U 148/13).

Mit diesem Urteil zweifelt das OLG München also an, dass den MFM-Bildhonorar-Tabellen die erforderliche Verkehrsgeltung zukommt, wie sie bei den Tarif- und Vergütungsregelungen von Verwertungsgesellschaften und Verbänden häufig angenommen werden.

Für die Rechteinhaber erschwert diese Entwicklung in der Rechtsprechung die Rechtsverfolgung. Den Gerichten steht ein großer Ermessensspielraum zu, welche Lizenzvergütung sie für angemessen halten. Die MFM-Bildhonorar-Tabellen können daher als Ausgangspunkt genutzt werden, jedoch wird im Einzelfall darzulegen sein, weshalb die Vergütung nach der MFM auch im Streitfall als angemessen anzusehen ist und keine größeren Abschläge vorzunehmen sind.
Dieses wird in der anwaltlichen Beratung zu berücksichtigen sein, da die Höhe der eingeforderten Lizenzgebühr den Streitwert bestimmt und hier durchaus ein Kostenrisiko für den Mandanten entstehen kann, wenn das erkennende Gericht einen großzügigen Abschlag macht, weil es beispielsweise von der Qualität der streitgegenständlichen Fotografien nicht überzeugt ist.

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