AGB-Klauseln; Vertragsannahme durch Versand der Ware

von

Bild: Romeosessins auf Pixabay

 

In einem Urteil des LG Münchens vom 15.02.2022, Az.: 33 O 4638/21, ging es unter anderem um die Frage, ob eine Vertragsannahme des Händlers mittels AGB-Klausel erst bei einer Versandbestätigung/Auftragsbestätigung bzw. spätestens dem Versand rechtmäßig sei. Dies bezweifelte ein gemeinnütziger Verbraucherschutzverein, da es den Verbraucher im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unangemessen benachteiligen würde. Vielmehr begründe die Klausel eine Vorleistungspflicht noch vor dem Zustandekommen eines Schuldvertrags. Abgesehen davon, dass dies dem Prinzip der Zug-um-Zug-Leistung zuwiderliefe, wäre der Kunde damit auch seiner Einrede des nichterfüllten Vertrags beraubt. Da es in der Hand des Händlers liege, den Vertrag nicht entstehen zu lassen, würde das Risiko der Leistungsunfähigkeit auf den Verbraucher abgewälzt werden. Ein Annahmevorbehalt bis zum Versand sei ferner intransparent, da die AGB parallel dazu eine Versandbestätigung bzw. Auftragsbestätigung als Annahmeerklärung benennt.

Dem gegenüber widersprach der Beklagte, dass durch die AGB eine Vorkasse begründet werde. Sie regele lediglich eine Rückzahlung an den vom Kunden bereits geleisteten Betrag. Zudem könne ein Onlinehändler keine Bonitätsprüfung vornehmen, weshalb der Sachgrund für eine etwaige Vorkassenpflicht auch vorliege. Der Versand von Bestellbestätigungen sei ferner aus technischen Gründen nicht möglich gewesen.

Zwar sah das Gericht in § 4 Abs. 1 AGB keine Vorleistungspflicht zu Lasten des Kunden und bemerkte, dass das dispositive Recht gemäß §151 BGB Zugangsverzicht vorsehe. Dennoch handele es sich um eine Konstellation eines formularmäßigen Zugangsverzichts, die den Vertragspartner unangemessen benachteilige. Der Verbraucher habe so keine genaue Kenntnis vom genauen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Gerade diese brauche er aber besonders im Internet, um auch und gerade vor dem Hintergrund des gesetzlichen Widerrufsrechts alternative Angebote prüfen zu können und das weitere Vorgehen zu planen. Demgegenüber sei nicht erkennbar, dass der Beklagte ein nachvollziehbares Interesse am Zugangsverzicht habe. Abgesehen davon, dass die genannten Alternativen in der Klausel den Zugang implizit nicht für entbehrlich erachten, würde die Alternative „Versendung der Ware“ ihn beweisrechtlich privilegieren. Dieser müsse nicht den Zugang er Annahmeerklärung, sondern vielmehr den tatsächlichen Versand der Ware nachweisen. Schließlich würde auch § 308 Nr. 6 BGB für eine unangemessene Benachteiligung sprechen. Dieser sehe zwar eine formularmäßige Zugangsfiktion vor bei Erklärungen von besonderen Bedeutungen vor. Jedoch würden sich diese nicht wesentlich von einem Zugangsverzicht unterscheiden. Zudem könne eine Annahmeerklärung rechtliche Pflichten begründen und sei daher von besonderer Bedeutung.

Zurück